Donnerstag, 26. September 2013

Neue Haut aus Spinnenseide

Der Direktor der Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover darf sich über eine Finanzspritze von 110.000 Euro der Fritz-Behrens-Stiftung freuen. Ein Teil des Geldes soll in die weitere Forschung zur Nutzung von Spinnenseide als menschliche Ersatzhaut fließen, an der die Klinik bereits seit einigen Jahren forscht.  Ganz richtig: Wer beispielsweise durch eine schwere Brandverletzung ein Haut- und Nervenimplantat benötigt, kann sich möglicherweise Spinnenseide einpflanzen lassen.  Zu "Spiderman" wird dadurch jedoch niemand.


Spinnenseide als gut verträglicher Hautersatz

Natürlich kann dabei nicht jede dahergelaufene Wald- und Wiesenspinne als Lieferant dienen. In Hannover wird die sogenannte Goldene Radnetzspinne gehalten, die aus dem afrikanischen Tansania stammt und zur Gattung der Seidenspinnen (Nephila) gehört.  Diese Spinnengattung ist für ihre ausgesprochen stabilen Netze bekannt und bringt es im Labor in Hannover auf 400 Meter Fadenlänge, die in einer Viertelstunde "gemolken" wird.  Aus dem Faden wird dann ein engmaschiges Netz erstellt, auf das echte Hautzellen aufgetragen werden. Dadurch entstehen zwei Hautschichten, die stark der menschlichen Epidermis (der obersten Hautschicht) und der darunter liegenden Hautschicht ähnelten und zur Verpflanzung geeignet sind. Zudem können die Fäden genutzt werden um menschliche Nerven zu reparieren.

Der Haken an der Sache:  So viel Arbeit können die Spinnen gar nicht leisten, wie menschliche Haut benötigt wird. Daher wird an der synthetischen Herstellung der Spinnenseide gearbeitet, die später bei Transplantationen zum Einsatz kommen soll.  Allerdings ist bis heute nicht wirklich klar, wie die Spinne ihre Fäden überhaupt produziert, so dass der Vorgang auch nicht imitiert werden kann.

Spinnweben schon im Mittelalter als Heilmittel bekannt

Dass der eigentlich sehr nützlichen Spinne aufgrund ihres "gruseligen" Aussehens viel Ungerechtigkeit in Form von aufgerollten Zeitungen und Schuhsohlen widerfährt, ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist dagegen, dass Spinnweben schon im Mittelalter als Heilmittel genutzt werden und auch heute noch in Survival- und Outdoor-Guides als Notfallmittel empfohlen werden. Die Spinnweben stillen schnell Blutungen und haben eine antibakterielle Wirkung, die entzündungshemmend wirkt.

Bei Schürfwunden und leichten Schnittverletzungen genügt es, die (gesäuberte) Wunde mit Spinnweben zu bedecken, die vorher mit einem dünnen Ast gesammelt werden. Liegt die Wunde am Arm, kann auch ganz einfach mit dem Arm durch das Netz gegangen werden, so dass es auf der Wunde kleben bleibt. Allerdings sollte man schon darauf achten, dass die Spinne dabei außen vor bleibt…


Freitag, 20. September 2013

Deutsche Medikamente noch immer viel zu teuer

Wer schon einmal im Ausland Kopfschmerztabletten benötigte, hat vermutlich erstaunt festgestellt, wie günstig sie dort zu haben waren. Was Touristen seit Jahren wissen, hat nun auch der Arzneiverordnungsreport (AVR) wieder einmal offiziell bestätigt. Nachdem die Statistiker im letzten Jahr festgestellt hatten, dass die deutschen Preise 30% über denen in den Niederlanden lagen, wurde diesmal ein Vergleich mit Frankreich angestellt: Und auch hier kamen wieder 31% Unterschied heraus.  Es war das vierte Mal in Folge, dass Deutschland schlecht wegkam.


Einsparpotenzial liegt bei mehreren Milliarden Euro

Bei den Vergleichen des AVR werden in der Regel hochpreisige Medikamente herangezogen, zum Beispiel das Rheumamittel Humira, das in Deutschland 5231 Euro kostet, in den Niederlanden 3384 Euro und in Frankreich 3004 Euro - also mehr als 200 Euro weniger. Alleine an diesem Beispiel lässt sich sehen, woher die unglaublichen Kosten kommen, mit denen die deutschen Krankenkassen zu tun haben (und die sie dann natürlich an ihre Mitglieder abwälzt).  An unterschiedlichen Besteuerungen alleine kann es nicht liegen.

Dazu muss gesagt werden, dass es sich hierbei um patentgeschützte Originale handelt, bei denen die Pharmaindustrie so richtig abkassiert. Der AVR weist dann auch darauf hin, dass sich durch den Einsatz von Generika statt von Analogpräparaten 2,5 Milliarden Euro pro Jahr sparen ließe. Als Analogpräparate werden Medikamente bezeichnet, bei denen nur winzige Veränderungen vorgenommen wurden, die es dann aber möglich machen, ein neues Patent zu bekommen und das "neue" Medikament wieder teuer zu verkaufen. Analogpräparate werden dann auch gerne als Scheininnovationen bezeichnet.

Wie kann ich mich wehren?

Das ist das Perfide: Als Patienten sind wir quasi unmündig. Wir können nicht bewusst günstigere Generika wählen und dadurch einen Teil der Kassenbeiträge zurückerhalten. Mir bereitet es aber eine gewisse Genugtuung, mich zumindest "im Kleinen" wehren zu können: Rezeptfreie Medikamente bringe ich mir seit längerem aus dem Ausland mit, vor allem einfache Schmerzmittel, die im Ausland nur einen Bruchteil kosten. Wer je eine Plastikflasche mit 1000 Ibuprofen-Tabletten für umgerechnet 12 Euro aus den USA mitgebracht hat, weiß, was ich meine.  Hoffnung geben mir auch die Online-Apotheken aus dem Ausland, bei denen ein "Online-Doktor" Rezepte ausstellt um an günstige verschreibungspflichtige Medikamente zu kommen, die aus eigener Tasche finanziert werden müssen. Ob diese helfen können, das unsägliche System in Deutschland zu durchbrechen, bleibt abzuwarten…



Donnerstag, 12. September 2013

Grassierende Arbeitssucht: Jeder neunte Arbeitnehmer betroffen

Auf der Arbeit Zeit bei Facebook totschlagen, bis es um Punkt 17.00 Uhr in die Freiheit nach Hause geht oder hektisch unter Zeitdruck die Excel-Tabellen ausfüllen, um zumindest noch den Nahverkehrszug um 17.35 Uhr zu bekommen - so sieht die Realität in vielen deutschen Büros aus. Doch wenn man einem Bericht der Zeitung mit den großen Buchstaben Glauben schenken darf, drohen uns bald ähnliche Verhältnisse wie in Japan: Im fernen Osten ist "Karoshi", der Tod durch Überarbeitung und Stress, eine so häufige Todesursache, dass sich mehrere dutzend Kliniken im ganzen Land darauf spezialisiert haben.


Karoshi in Deutschland?

Einer Statistik zufolge ereilt in Japan etwa 150 Menschen pro Jahr der vorzeitige Tod durch Karoshi - die Betroffen haben sich wortwörtlich zu Tode gearbeitet. Häufigste Todesursachen sind dabei Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Ein ähnliches Phänomen macht sich nun angeblich auch in Deutschland breit: Die Arbeitssucht.  Dies will zumindest eine Umfrage des Wissenschaftlichen Institutes der AOK ergeben haben, der zufolge jeder neunte Arbeitnehmer als arbeitssüchtig eingestuft werden kann. Jeder siebte, das sind etwa 14% der Berufstätigen, sind gefährdet. Nimmt man ihnen die Arbeit weg, zeigen sie die gleichen Entzugserscheinungen wie Drogensüchtige.

Klingt etwas skurril, wenn man mich fragt. Tapsen die Junkies dann mit ihren Blackberrys durch die Wohnung und hungern nach geschäftlichen E-Mails oder lesen sie heimlich unter der Bettdecke das Wall Street Journal auf dem iPad? Nein, ich will nicht über ein ernsthaftes spotten, aber hier scheint es mir doch eher so, als solle wieder einmal eine neue Krankheit herbeigeschrieben werden, an der vor allem die Mediziner, Psychologen, Gutachter und ähnliche Spezialisten verdienen.

Wie kommt es zur Arbeitssucht?

Bei der sogenannten Arbeitssucht handelt es sich vor allem um die Angst vor Kontrollverlust und betrifft daher auch eher Menschen in gehobenen Positionen. Sie können schlecht delegieren oder Aufgaben an andere abgeben und zugleich keine zusätzlichen Bitten ablehnen. Zugleich können sie halbfertige Arbeitsaufträge nicht ertragen und wollen immer alles abschließen und zu Ende bringen - mit der Folge, dass sie täglich viele Stunden im Büro verbringen und auch in der Freizeit nur noch an die noch offenen Aufgaben am Arbeitsplatz denken. Betroffene können unter anderem bei den "Anonymen Arbeitssüchtigen" (doch, die gibt es) lernen, wieder lockerer zu werden - und auch mal einen freien Nachmittag zu genießen, während die Arbeit liegen bleibt.

Dienstag, 3. September 2013

Behandlungen mit Eigenurin

Die Eigenurin-Behandlung fiel für mich bislang unter Skurrilitäten und es wäre mir nicht in den Sinn gekommen, mit dem eigenen Urin zu hantieren. Nachdem nun eine Freundin jedoch berichtete, sie hätte dank Eigenurin die Hitzewallungen ihrer beginnenden Wechseljahre in den Griff bekommen, habe ich mich einmal näher damit beschäftigt.


Was soll die Eigenurintherapie bringen?

Der Gedanke lautet in etwa: Das eigene Urin ist sauber, keimfrei, reich an Mineralstoffen und es löst im Körper bestimmte Reize aus, die das Immunsystem in Schwung bringen. Bei Frauen in den Wechseljahren soll es sich zudem positiv auf das Hormonsystem auswirken und für eine bessere Balance sorgen, die eben zum Beispiel Hitzewallungen vermeidet.

Wer dazu im Stande ist, sollte morgens das erste frische Morgenurin auf leeren Magen trinken. Wer es einfach nicht über die Lippen bringt, kann sich von Therapeuten eine speziell aufbereitete Urinlösung spritzen lassen, die eine ähnliche Wirkung hat.

Übrigens soll Eigenurin auch gut zur äußerlichen Anwendung sein und gegen alle möglichen Hautprobleme von Pickeln über Fußpilz bis zur Neurodermitis helfen. Um den Fußpilz zu bekämpfen, sollten die Füße im Urin gebadet werden und bei Pickeln wird ganz einfach etwas Urin mit einem Wattebausch auf den Pickel aufgetupft. Wer jetzt denkt "Igitt!", hat vermutlich nicht ganz Unrecht.

Mediziner lehnen Eigenurintherapie ab

Dass die Schulmedizin die Eigenurintherapie ablehnt, verwundert nicht weiter. Sie hat dabei tatsächlich einige gute Argumente in der Hand: Urin ist letztendlich ein Abfallprodukt des Körpers - hier kommt alles raus, womit der Körper nichts anfangen kann: Wasser, Salze, Harnstoff, Enzyme, Hormone und Eiweiß, aber tatsächlich auch Mineralstoffe und Vitamine. Was der Körper nicht wollte, wird ihm durch die Eigenurintherapie also noch einmal verabreicht.

Dazu kommt das Problem der Bakterien: Schon auf dem Weg nach "draußen" reichern sich Bakterien im Urin an, die sich an der frischen Luft (wenn in einen Trinkbecher gepinkelt wird) schnell vermehren. Durch das Trinken gelangt dann eine recht große Zahl Bakterien in den Körper, die das Immunsystem nicht anregen, sondern überfordern.

Menschen, die an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs, Schilddrüsenerkrankungen, Harnwegserkrankungen und fieberhaften Infektionen leiden, sollten auf jeden Fall die Finger von der Eigenurintherapie lassen.  Wer ansonsten gesund ist und beispielsweise an Symptomen der Wechseljahre leidet, kann es ja einmal ausprobieren - sofern er den köstlichen Morgentrunk hinunter bringt.